Laden

Ganz klein waren die Zimmerchen in denen verkauft wurde und klein war auch die Auswahl. Vieles was wir heute ganz selbstverständlich in einem einzigen Supermarkt finden, war damals in unterschiedlichsten Verkaufsstellen in mehrfacher Ausfertigung über ganz Thüste verteilt. Für Fleisch, Wurst und Brot gab es mehrere Bäcker und Schlachter, Obst hatte man selbst eingeweckt, Eier gaben die eigenen Hühner oder sie wurden beim Bauern gekauft. 

Der Laden meiner Oma begann als Thüster Verkaufsstelle der Wallenser Molkerei. In einem Flur auf einer Bank standen große Kannen mit Milch. Später wurde bei Stichnothes auf dem Hof gegenüber der Kirche eine kleine ‚Bude‘ errichtet. Dort waren dann zusätzlich Buttermilch und Sahne im Angebot, außerdem Butter, Quark und Harzkäse. Der Käse wurde im Käseschrank aufbewahrt, ein engmaschiges Fliegengitter schützte vor zudringlichen Fliegen, aber nicht vor der Sommerhitze und so floss der Käse an heißen Tagen auch schon mal aus dem Schrank heraus. 
In der zunächst klitzekleinen Bude auf Stichnothes Hof gab es außerdem Essig, Erbswurst und Nudeln, loses Mehl, Erbsen, Linsen und Bohnen, Salz und Zucker, bunte Bonbons in hohen Gläsern und kleine Türmchen kostbarer Pralinen, Lindes-Kaffee und Viertelpfund ‚echten Bohnenkaffee’, Persil und Pril und natürlich Maggi-Suppen.

Vor dem Laden gab es eine Klingel und so war der Einkauf fast rund um die Uhr gang und gäbe. Weil die ‚Bude‘ auf dem Bauernhof von Stichnothes stand, mussten die Kunden dazu allerdings manchmal unter dem Zugseil vom Trecker durchkriechen, wenn samstags der Mist aufgeladen wurde.
Einkauf war das Eine, das Schwätzchen zwischendurch war aber auch nicht zu verachten. Die alten Leute bekamen einen Stuhl hingestellt und waren so stundenlang mittendrin im Geschehen. 
Richtig munter wurde es, wenn die Handelsverteter kamen oder Ware aus Hannover geliefert wurde.
Bollo Sievers, Handlungsreisender, kam in seinem VW-Käfer mit Brezelfenster auf den Hof gefahren und war sofort von Thüstern umringt. Er baute die Ablage hinter dem Fenster aus und lud sich das ganze Auto voller Kinder für eine triumphale Dorfrundfahrt. Doch Bollo Sievers war nicht nur interessant für die Kinder.

„Wenn der zum Laden kam, war plötzlich der ganze Hof voller Frauen.“

Das gleiche passierte, wenn die mit dem großen LKW die Ware aus Hannover oder Hameln geliefert wurde. Im Gegensatz zum smarten Bollo Sievers trugen die Fahrer keinen eleganten langen Ledermantel sondern Lederschürzen, doch das tat der Freude keinen Abbbruch.

„Die Fahrer ließen sich Zeit, alberten mit den Frauen herum und tranken erst noch das ein oder andere Bierchen, bevor sie wieder vom Hof fuhren.“

War es ein Wunder, dass die ersten Selbstbedienungsläden zunächst gar nicht so beliebt waren?