Bahnhof

Wenn heute das kleine rote Bahnhofsgebäude unter der großen Linde vor sich hinträumt, kann man sich kaum vorstellen, dass in Thüste einmal einer der größten und geschäftigsten Bahnhöfe im Tal gewesen ist.

Die im hohen Gras versteckten Gleise waren pulsierende Lebensader. Klingelnd senkten sich die Schranken und kündigten so die fauchende Dampflocks an, die mit kreischenden Bremsen hielten, um Güter und Menschen an Beeke und Saale entlang aus dem Tal zu fahren. Die Kohlewagen kamen am heutigen Spielplatz vorbei von Humboldt herunter, wurden verschoben und rangiert, Schweine galopierten widerspenstig quietschend die Verladerampen zu den Güterwagen empor. Morgens und Abends war die Straße schwarz von Pendlern, die mit der Kleinbahn zu ihrer Arbeitsstätte oder in die Schulen fuhren. Die Wallenser mussten nach Thüste wandern, selbst die Schüler aus Hakenrode gingen noch fast mitten in der Nacht zu Fuß bis nach Thüste, um von dort aus pünktlich nach Hameln zu gelangen.

Die großen Schranken wurden per Hand hoch und heruntergedreht und die Schüler machten sich einen Spaß daraus, sich darüber zu hängen, zu wippen und als Mutprobe auch daran festzuhalten, wenn die Schranken sich öffneten, bis das Gebrüll des Bahnhofsvorstehers sie verscheuchte. Einmal jedoch, so erzählt man sich, war es zu spät. Hans hielt durch, er klammerte sich fest und die Schranken stiegen und stiegen. Plötzlich war es zum Loslassen zu spät. In ungeheurer Höhe hing zappelnd wie eine windgepeitschte Fahne der arme Hans.